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Der blutige Drucker
14.12.2017

Reise in die Zukunft

Jeden Monat finden Sie hier eine neue Folge der ESSENTIAL Science-Fiction-Serie Reise in die Zukunft. In einer fiktiven Welt, in der die Ziele des Pariser Klimaabkommens Wirklichkeit geworden sind, erkundet Blogger Nero den möglichen technologischen und gesellschaftlichen Wandel. Ziel der Serie ist es, möglichst kreativ mit ganz unterschiedlichen Visionen zu spielen, und den Leser mitzunehmen auf ein Gedankenexperiment: Wie könnte unsere Zukunft aussehen – und was bedeutet das für uns?

Science-Fiction-Kurzgeschichten: Teil 6

Der blutige Drucker

Wenn man als Journalist und Blogger kreuz und quer um die Welt reist, bleibt der Jetlag nicht aus. Warum da bis heute kein vernünftiges Mittel erfunden wurde, soll mir mal einer erklären. Wir können im Hyperloop um die Welt reisen, aber sind morgens noch immer müde – oder liegen nachts wach herum. Was mir dabei erstaunlich gut hilf, sind True-Crime-Geschichten, die meine KI-Assistentin Avar mir vorträgt. Gut, ich gestehe: Beim ersten Mal Anhören sitzt man erst recht aufrecht wach im Bett. Aber ich lasse mir die Geschichten gerne mehrmals vortragen. Dazu dann noch Avars säuselnde Stimme – perfekt. Mein aktueller Favorit ist das hier…


„Analyse“, sagte Cliona Aboud und tippte leicht auf die Stelle hinter ihrem Ohr, wo der Mikrochip installiert war. „Analysiere: Motorgehäuse“, antwortete die beflissene, für Clionas Auffassung immer einen Tick zu gut gelaunte Stimme des 3D-Druckers: „Leichte Abweichungen in der Materialzusammensetzung.“ Cliona unterdrückte einen Fluch. Schon das dritte Mal in diesem Monat. Wie war das möglich? „Spezifiziere Abweichungen“, befahl sie dem Drucker über die in ihrem Kopf implantierte Schnittstelle. Der Drucker hätte auch die simple Nachfrage „Welche?“ verstanden, aber Cliona weigerte sich, mit einem Drucker zu reden, als wäre er ihr bester Kumpel. Es gab schon genug Arbeitskollegen, die sich in ihre sprechenden und mitdenkenden Arbeitsgeräte verliebt hatten. Gerade heute Morgen war Cliona mal wieder ein Interview in den Kopf-Feed gespült worden, in dem eine Psychologin vor um sich greifender Objektophilie warnte. „Gerne“, antwortete der Drucker, und Cliona rollte mit den Augen. „Abweichungen: Wasserstoffgehalt 0,06 Prozentpunkte zu hoch. Sauerstoffgehalt: 0,02 Prozentpunkte zu hoch. Mikroabweichungen bei Kohlenstoff und Stickstoff. Weitere Mikroabweichungen bei…“

„Jaja, reicht!“, befahl Fiona und starrte ins Leere. Fast haargenau dieselben Abweichungen wie vergangene Woche. Das Kunststoff-Perfluorelastomer-Gemisch war ein absoluter Hochleistungswerkstoff und duldete keine Abweichungen. Es war eine Mischung, die vor wenigen Jahren so noch überhaupt nicht für möglich gehalten worden war, von Chemikern am Holobrett entworfen, auf Molekularebene zusammengesetzt. Sie würde die komplette Produktionscharge entsorgen müssen. Schon wieder. Ein ganzer Tag Maschinenarbeitskosten vergeudet. Außerdem würde sie die Kunden informieren müssen, dass die sich heute notfalls Ihre bestellten Teile selbst drucken mussten. Möglich war das bei den meisten, aber natürlich waren auch deren 3D-Drucker mit anderen Dingen ausgelastet. Ach ja, und vermutlich sollte sie mal die Rohstoff-Zulieferungen überprüfen. Sie tippte wieder an den Mikrochip. „Lokalisiere Alice Wormuth.“ Der Zentralrechner meldete sich sofort: „Alice Wormuth ist heute nicht auf dem Gelände. Es liegt keine Abwesenheitsnotiz im System vor.“

Cliona blinzelte. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Die Chefanalystin des Rohstoff-Einkaufs war heute einfach nicht zur Schicht erschienen? Es half nichts. Sie würde persönlich beim Drucker vorbeischauen müssen. Sauerstoffmoleküle in der Mischung – das konnte ja eigentlich nur bedeuten, dass da irgendwo während des Prozesses Luft ins System kam. Die Frage war nur – wo? Vielleicht waren es gar nicht die Rohstoffbehälter, sondern ein undichter Schlauch? Oder eine Kontamination während des Druckvorgangs? Aber eigentlich hätten die dauerplappernden Assistenzsysteme schon längst Alarm schlagen müssen – die meldeten sich ja auch sonst bei jeder Kleinigkeit. „Neue Produktionsreihe starten“, befahl sie, und fragte dann das Fabriksystem: „Kürzester Weg von hier zum Rohstoffraum?“ „Guten Morgen, Frau Aboud…“, meldete sich das System. „Verschon mich. Nur die Info“, fiel Cliona der Stimme ins Wort. „3.000 Schritt von Ihrer aktuellen Position aus“, sagte die Stimme, und Cliona hatte den Eindruck, dass da ein Hauch eingeschnappter Schadenfreude mitschwang. Das war natürlich Unsinn. Maschinen hatten keine Gefühle. Auch im 21. Jahrhundert nicht. „Angesichts Ihres heute Morgen beim Betreten der Fabrik registrierten um 300 Gramm erhöhten Gewichts empfehle ich Ihnen den Weg zu Fuß“, säuselte die Stimme, „oder…“ „Klappe! Fahrzeug. Sofort“, befahl Cliona.

Fünf Minuten später fuhr das autonom fahrende Vehikel geräuschlos vor. Sie stieg ein. Während sie durch die Hallen fuhr, dachte Cliona wieder an Alice Wormuth. War die Chefanalystin bewusst der Arbeit ferngeblieben? In der Branche gingen Gerüchte um, dass Zulieferer demnächst vom Markt verdrängt würden, weil die Produzenten sich künftig ihre Fahrzeuge einfach in einem einzigen Arbeitsschritt komplett selbst ausdruckten. Angeblich glaubten nun sogar schon Druckerhersteller, ins Autogeschäft einsteigen zu können. Cliona wollte nicht so recht daran glauben. Diesen Unternehmen fehlte doch das Detailwissen. Es ging hier schließlich um komplexes Ingenieur-Know-how, nicht um irgendwelche 0815-Drucker, wie den, der in der Kantine die Pizzen zum Mittagessen druckte. Fachexpertise war gefragt, die verhindern würde, dass eine ganze Branche schnell aussterben würde. Trotzdem – die Stimmung in der Belegschaft war nicht gut. Umso nerviger, dass die vermaledeiten Roboter, Fabrik-Avatare und sprechenden Maschinen die ganze Zeit ihre fröhliche Laune verbreiteten. Allein im vergangenen Monat waren zwei Kollegen in der Fabrik einfach nicht mehr zur Arbeit erschienen, hatten sich aus dem Staub gemacht. Am Eingang zur Drucker-Halle passierte sie einen Mitarbeiter und hob die Hand zum knappen Gruß.

Ein leises Rattern, Surren und Stampfen erfüllte die Halle, in der große und kleine Maschinen mit Schläuchen, Düsen und Pumpen die Rohstoffe vermischten, verarbeiteten und auf Molekularbasis neu zusammensetzten. Cliona suchte die Maschinen, die für die Produktion der Motorengehäuse ihrer Abteilung zuständig waren. Eine davon war ein riesiges Gerät, mit einem Schlund groß wie ein Tor, das ganze Containerladungen von Werkstoffen fraß und sie neu zusammensetzte. Sie tippte den Mikrochip hinter ihrem Ohr an und ließ sich Analysen anzeigen. Vielleicht müsste man auch einfach mal unter das Ding kriechen. Dazu bräuchte sie aber Hilfe. Der Mitarbeiter eben… Cliona legte die Stirn in Falten. Der Mitarbeiter, den sie eben gesehen hatte – war das nicht Ben gewesen? Hatte Alice nicht vergangene Woche erwähnt, dass sie Ben fristlos entlassen wollte, weil er Mitarbeiterinnen belästigt und anschließend die Log-Daten manipuliert hatte, die die Vorfälle hätten beweisen können. Warum war er noch hier? Welche Mitarbeiterinnen waren das nochmal gewesen? War eine davon nicht Siya, die anschließend offenbar den Dienst quittiert hatte und spurlos verschwunden war?

Cliona sah einen Schatten aus den Augenwinkeln auf sich zu huschen. Sie drehte sich um. Es war niemand zu sehen. Die Maschinen stampften, mahlten und malmten laut. Es sirrte, surrte und knirschte. Bei dem Lärm hätte sich eine Armee hinter ihrem Rücken anschleichen können. Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff… woran erinnerten sie die Verunreinigungen nur? Vor allem in dieser Kombination. Ihr Zeigefinger war eiskalt, als sie erneut ihre Tippbewegung ausführte, und leise flüsternd fragte: „Die chemische Zusammensetzung des Menschen?“ „Die von Ihnen gewünschte Antwort dauerte 0,09 Nanosekunden“, säuselte die Stimme: „Sauerstoff 56,1 Prozent, Kohlenstoff 28 Prozent, Wasserstoff 9,9 Prozent, Stickstoff, 2,0 Prozent, Calcium 1,5 Prozent…“ Cliona sah jemanden auf sich zuspringen, duckte sich instinktiv und stieß beide Arme schreiend nach vorne. Ben stolperte an ihr vorbei, Überraschung im Gesicht. Und plötzlich ergab alles Sinn. Die drei verschwundenen Kollegen. Die verunreinigten Chargen. Ben rannte ein weiteres Mal auf sie zu, versuchte sie zu packen, aber Cliona drehte sich zur Seite, ließ den Angriff ins Leere laufen und gab dem Mann einen kräftigen Schubs mit der Schulter. ‚Und genau für sowas braucht man etwas mehr Körpergewicht, ihr blöden Systemscanner‘, dachte sie, während sie zusah, wie Ben das Gleichgewicht verlor, die Absperrung durchbrach, schreiend in den Rohstoffschacht fiel und sich knirschend eine Luke über ihm schloss. Cliona beobachtete stumm, wie die Maschinen die Kunststoffmischung verarbeiteten. „Achtung! Leichte Abweichungen in der Materialzusammensetzung“, sagte die Computerstimme. Cliona seufzte. Sie würde eine weitere Charge Hochleistungskunststoff entsorgen müssen.

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