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Brett Helms-Berkeley
25.02.2020

Kunststoff Material & Polydiketoenamine - Der Anfang vom Ende des Plastikproblems

Einem US-Forschungsteam gelang zuletzt die Entwicklung eines neuartigen Kunststoffs. Er lässt sich nicht nur in seine Ausgangsstoffe recyceln. Aus diesen kann anschließend sogar hochwertigerer Kunststoff hergestellt werden.

Brett Helms hält ein kleines gefärbtes Stück Plastik in seinen Händen. Was so unscheinbar aussieht, ist für ihn von enormer Bedeutung. Und bald vielleicht nicht mehr nur für ihn: „Dieses Plastik hat das Potenzial, die Welt zu verändern“, betont der 41-­Jährige. Helms leitet eine Forschungsgruppe in der Molekulargießerei am Lawrence Berkeley National Laboratory in der Nähe von San Francisco. Das Polymer in seinen Händen ist der erste Verbundkunststoff, der sich komplett wieder in seine Einzelbestandteile recyceln lässt.

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Dieses Plastik hat das Potenzial, die Welt zu verändern.

Brett Helms, Leiter einer Forschungsgruppe am Lawrence Berkeley National Laboratory (USA)

Zufallsfund: Beim Reinigen mit starker Säure zersetzte sich das Polymer in einer spontanen chemischen Reaktion in seine Einzelteile.

Recycling mit Tücken

Plastik wird weltweit in immer größeren Mengen hergestellt und ist hinsichtlich seiner Wiederverwertbarkeit tückisch. Das große Problem des klassischen Plastiks sind seine Füllstoffe. Sie machen es weicher und elastischer, UV-resistent und farbig. Die Füllstoffe sind so eng mit den Monomeren des Plastiks verbunden, dass sie auch nach dem Schreddern und Aufbereiten noch im Plastik verbleiben. Werden sie dann zu einem neuen Material verschmolzen, sind dunkle Pellets mit oft unterschiedlichen Eigenschaften das Ergebnis – sie lassen sich bestenfalls noch zu kostengünstigem Baumaterial verarbeiten. Ungeachtet dessen werden große Mengen an Plastik gar nicht erst recycelt, sondern gelangen direkt in die Umwelt, wo sie sich nur sehr langsam zersetzen und als Mikroplastik ins Trinkwasser gelangen können.

Immer mehr Chemiker befassen sich mit dem Problem der wachsenden Plastikberge. Die einen suchen nach neuen Ansätzen, gängiges Plastik zu recyceln – wie Gregg Beckham, der im Yellowstone National Park nach neuen Enzymen sucht, die PET-Plastik zersetzen. Andere arbeiten daran, komplett neue Kunststoffe zu entwickeln, die aufgrund ihrer Struktur wiederverwertbar sind. Erste Erfolge feierte Ludwik Leibler, Labor- Chef der französischen nationalen Forschungsanstalt CRNS, der 2011 die glasartigen Vitrimere erfand. 2014 machte Jeanette Garcia von IBM mit ihrem „Fantastic Plastic“ Schlagzeilen – einer neuen Klasse von Polymeren, die sich ebenfalls wiederverwerten lassen.

In diese Richtung forschen auch die Wissenschaftler in den Bergen über der Bucht von San Francisco. Hier sitzt das Berkeley Lab. Brett Helms arbeitet mit seinen acht Mitarbeitern an recycelbaren duroplastischen Polymeren, die sich beim Erhitzen verhärten und deren Monomeren stabile Netzwerk-Verbindungen eingehen. Das extrem robuste Material kommt in Verpackungen, Rohren und Bildschirmen zum Einsatz sowie in der Autoproduktion und in Flugzeugen. Es lässt sich jedoch nach seiner Verarbeitung nicht mehr schmelzen und landet daher grundsätzlich im Müll.

Brett Helms-Berkeley

Der Aha-Effekt

Nicht so aber Polydiketoenamine (PDK): „Unseren Durchbruch verdanken wir einem Zufall beim Saubermachen“, gibt Helms zu. „Der neu entwickelte Stoff klebte so sehr an unseren Glasschalen fest, dass wir eine starke Säure einsetzen mussten, um ihn zu entfernen.“ Doch: Die Säure löste das PDK nicht nur vom Glas ab, sondern zersetzte das Polymer sogar. „Hätten wir die Laborschalen einfach weggeworfen, hätten wir die spontane chemische Reaktion nie beobachtet“, so Helms. Neugierig geworden entdeckten die Forscher im Reagenzglas, dass die einzelnen Bestandteile wieder in ihrer Ausgangsform vorlagen.

Durch die Behandlung des PDK mit der starken Säure fanden die Wissenschaftler heraus, dass es auch möglich ist, all seine Additive wie Farben oder Weichmacher chemisch unverändert herauszufiltern. Daneben standen die ursprünglichen Monomere wie neu zur Verfügung. Einige der Additive, zum Beispiel Brandschutzmittel, sind teurer als das Plastik an sich. Das macht sie wertvoll und stellt einen finanziellen Anreiz zu deren Rückgewinnung dar: „PDK ermöglicht einen Produktkreislauf für Plastik – das recycelte Material hat eine genauso gute Qualität wie jungfräuliches Material“, so Helms. Sogar das Aufwerten ist möglich: das Herstellen eines hochwertigeren Materials als das, aus dem es ursprünglich recycelt wurde. So könnte aus einem harten Plastik ein flexibles werden. „Diese Herangehensweise ist innovativ, einfach und elegant“, bewertet die britische Polymer-Expertin Rachel O’Reilly von der Universität in Birmingham das PDK. „Es gibt nach wie vor noch nicht die eine Lösung für das Plastikproblem, aber diese Entwicklung ist ein sehr wichtiger Schritt dahin.“

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Das recycelte Material hat eine genauso gute Qualität wie jungfräuliches Material.

Brett Helms, Lawrence Berkeley National Laboratory, San Francisco (USA)

Einsatzmöglichkeiten des neuen Plastiks

Das Plastik aus Berkeley entsteht durch das Vermischen von bestimmten Chemikalien, den sogenannten Triketonen, mit Aminen: „Es handelt sich um eine Klickreaktion bei Raumtemperatur, ohne dass ein Katalysator, ein Additiv oder gar ein Lösungsmittel nötig wäre – ein paar Minuten in der Kugelmühle reichen aus“, erklärt Helms. Er arbeitet jetzt mit seinem Team daran, verschiedene Materialeigenschaften zu entwickeln: „PDK könnte gut zu einem Turnschuh verarbeitet werden oder zu Fasern in Textilien, die Nylon in Strumpfhosen ersetzen würden.

Noch fünf bis sieben Jahre: Das Patent ist angemeldet. Bis zur Marktreife müssen noch viele Details ausgearbeitet werden.

Es ist aber auch als hartes Plastik vorstellbar, wie es bei Reinigungsflaschen verwendet wird“, so Helms. Allerdings: Weil das pudrige Kunstharz im Ausgangsstoff schon beige ist, sind weiße oder durchsichtige Farbtöne noch nicht möglich. Das PDK kann derzeit nur in dunklere Töne gefärbt werden.

Das Berkeley Lab hat das PDK patentiert. Es sucht jetzt nach großen Partnern, um es gemeinsam zu einem industriell verwendbaren Werkstoff zu entwickeln. „Viele Details im Lebenszyklus des Materials müssen noch ausgearbeitet werden“, sagt Helms, „so ist der Recyclingprozess mit Säuren sehr wasserintensiv.“ Um das neue Material zur Marktreife zu entwickeln, bedarf es eines kompletten Ökosystems, einschließlich darauf abgestimmter Recyclinganlagen. „Bis wir von einer Kommerzialisierung sprechen können, dauert es wohl noch fünf bis sieben Jahre“, mutmaßt Brett Helms.

18-info

Das Berkeley Lab

chemische Formeln auf einem Whiteboard
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Formeln ins Glück: Es wäre nicht der erste Nobelpreis für das Berkeley Lab.

Das Lawrence Berkeley National Laboratory (kurz Berkeley Lab) ist eines von 17 Forschungseinrichtungen des US-­Energieministeriums. Seit seiner Gründung im Jahr 1931 gingen 13 Nobelpreise an dort forschende Wissenschaftler. Heute arbeiten 4.200 Forscher vor den Toren San Franciscos.

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